Dienstag, 9. September 2008

2. Schreiben an das HSM vom 21. Dezember 2005

005-12-09

Hessisches Sozialministerium
Die Sozialministerin
Postfach 3140
65021 WIESBADEN

AZ V 7 A – 181 02 13

Verbotsinitiative für Öl-Emulsionen zur intravenösen Infusion

hier: Ihr Schreiben vom 22. November 2005

Sehr geehrte Frau Lautenschläger

eingangs danke ich Ihnen für die ausführliche Beantwortung meines Schreibens vom 27. Oktober 2005 sowie für Ihre Informationsrecherche zum Zulassungsverfahren der Lipid-Infusionslösungen unter anderem in der Arzneimittel-Datenbank AMIS.

Tatsächlich beruhen, wie Sie richtig feststellten, meine Einwände gegen die Deklaration der Öl-Emulsionen als „Nährlösungen“ auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus den Jahren 1950 bis 1962. Die näheren Untersuchungen der Wirkmechanismen des Fettstoffwechsels im menschlichen Blut wurden damals teilweise anlässlich von Todesfällen von Krankenhauspatienten nach intravenöser Gabe von Fettemulsionen publiziert. Die Untersuchungen bezogen sich insbesondere auf die Produkte LIPOMUL und ABBOLIPID der nordamerikanischen Pharmazieproduzenten UPJOHN und ABBOTT.

Zwischen 1962 und 1976 wurden Aspekte des Themas „Parenterale Ernährung“ auf zahlreichen Kongressen der International Society for Parenteral Nutrition ISPN und der European Society for Parenteral and Enteral Nutrition ESPEN in Ärztekreisen diskutiert. Als thematisch fachverwandtester deutsche Ärzteverband wäre insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin DGEM für Stellungnahmen bezüglich dieser Produkte zuständig.

Um Ihnen meine Grundhaltung in der Frage der Existenz und Anwendung ölhaltiger Infusionslösungen zu verdeutlichen möchte ich ihnen weiterhin mitteilen, dass sich meine in meinem Schreiben vom 27. Oktober geltend gemachten Einwände gegen diese Produkte weniger auf mögliche Nebenwirkungen dieser Mittel beziehen als auf die Aspekte der

  1. prinzipiellen Unverträglichkeit ölhaltiger Infusionslösungen mit beigemischten Oberflächenspannung verringernden Emulgatoren für das menschliche Blut und der

  2. Gefahr der missbräuchlichen Anwendung dieser Substanzen bzw. der Gefahr von Anwendungsfehlern in Zusammenhang mit der Verabreichung der Substanzen an die Patienten.

Zur bereits in meinem ersten Schreiben ausführlich angesprochenen prinzipiellen Unverträglichkeit möchte ich ihnen mittels folgender Kausalkette in stark vereinfachter Form den Hauptargumentationsgrund gegen die auf dem Markt befindlichen ölhaltigen Infusionsmittel darlegen:

  1. Hauptbestandteil des Blutes ist Wasser

  2. Öl mischt sich nicht mit Wasser

  3. Das aus körpereigenem Stoffwechsel ins Transportmedium Blut gelangte Fett liegt dort in mikroskopisch kleinen Bestandteilen von maximal 1 Mykrometer Durchmesser vor

  4. Zur Verkleinerung der Emulsionströpfchen des intravenös verabreichten Öles werden den Lipid-Infusionsmitteln oberflächenspannungsverringernde Substanzen (Emulgatoren) beigemischt

  5. Diese oberflächenspannungsverringernden Substanzen entfalten eine ebensolche oberflächenspannungsverringernde Wirkung im menschlichen Blut

  6. Dies führt zu einer Schädigung des Blutplasmas, der Blutkörperchen und der Gerinnungsfähigkeit des Blutes was zur sogenannten Blutembolie führen kann

Dieser, in den oben erwähnten wissenschaftlichen Publikationen untersuchte Effekt der Lipid-Infusionslösung LIPOMUL auf das menschliche Blut wird so beschrieben, dass „das Blutplasma sich in eine weiße, milchig-cremige Substanz verwandelt in der die Blutkörperchen jegliche Koagulationsfähigkeit verlieren“. Das menschliche Blut wäre somit seiner Haupt-Funktion als Transportmedium zur Sauerstoffversorgung der Organe beraubt.


Die Zufuhr geringerer Mengen von ölhaltigen Infusionslösungen durch reguliertes, langsames Eintropfen der Substanzen aus Infusionsflaschen in das Blut könnte vom menschlichen Körper demzufolge über einen gewissen Zeitraum verkraftet werden. Fatale Schäden für den menschlichen Körper wären bei dieser Verabreichungsform erst nach einem gewissen Zeitraum zu erwarten, wenn sich das nicht vom Blut abbaubare Öl bzw. die Trägersubstanz in den Kapillarendigungen der Blutgefäße der versorgten Organe, (insbesondere in Hirn, Lunge, Leber) angesammelt hätte und dort eine Störung der Sauerstoffversorgung hervorrufen würde, was zur Lungen- bzw. Hirnembolien führen könnte.


Letzteres ist insbesondere im Zusammenhang mit den von Ihnen erwähnten Fachinformationen von Bedeutung, die die Überwachung der Patienten insbesondere in der Anfangsphase der Lipid-Infusion empfehlen. Ebenso spielt die Frage der Kapillarakkumulation der nichtabbaubaren Infusionsanteile bei den eingangs von Ihnen erwähnten klinischen Prüfungen eine wichtige Rolle, die teilweise die Probanden durch Blutentnahme und Vitalparametermessung nur in den ersten 4 Tagen nach Infusionsgabe untersuchten. Weder Blutentnahme noch Vitalparametermessung würden aber die Gefahr einer einsetzenden Organembolie durch Substanzakkumulation in den Kapillarendigungen des Blutgefäßsystemes erkennen lassen.

Zu der oben unter Punkt 2 angesprochenen Gefahr der missbräuchlichen oder falschen Anwendung der Substanzen bleiben folgende Anmerkungen zu machen:

Während der Recherchen meines Büros CID-Forschung zur Problematik der Lipid-Infusionslösungen wurde mir nach Angaben von medizinischem Behandlungspersonal mitgeteilt, dass Fälle bekannt seinen, in denen die Infusionslösung aus den sterilen Tropfflaschen entfernt und in Injektionsspritzen umgefüllt worden seien, um die Substanz den betroffenen Patienten per Injektion direkt intravenös zu verabreichen. Diese Verabreichungsform erfolge dann durch das Pflegepersonal „auf ein Mal“, da „im Klinikalltag das Personal oft überlastet sei und sich Pfleger oder Pflegerinnen nicht stundenlang neben einen Patienten setzten könnten, um die ölhaltige Infusionslösung entsprechend der Anwendunghinweise über mehrere Stunden langsam in die Vene eintropfen zu lassen“. Diese Verabreichungsform führt aber, wie oben dargelegt, zur Blutembolie und zum unmittelbar darauffolgenden Tod des Patienten.

Erfolgt diese falsche, da entgegen der Herstellerangaben durchgeführte Anwendung mangels medizinischen Wissens und in der Absicht, einem möglicherweise geschwächten Patienten „schnell Nahrung zukommen zu lassen“, so spräche ein bisweilen auftretender Anwendungsfehler dieser Art durchaus für eine Etikettierungspflicht mit entsprechenden Warnhinweisen, wie ich sie in meinem ersten Schreiben an das BifAmMp fordere.

Erfolgt diese falsche Anwendung missbräuchlich, in Kenntnis der Produktwirkung und mit vorsätzlicher Tötungsabsicht, so wäre tatsächlich auch die Deklaration der „Nährlösung“ als „Gesundheitsgefährdend oder Giftig“ kein ausreichender Schutz für so behandelte Krankenhauspatienten.

Erweiternd und abschließend wäre in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, dass man beim Ausbildungsstand bundesdeutschen Krankenpflegepersonales durchaus erwarten kann, dass diesem die Anwendungsrisiken der ölhaltigen Infusionslösungen bekannt sind. Allerdings läßt die Zahl der insgesamt 20 verschiedenen Produkte darauf schließen, dass die Gesamtmenge der in Deutschland produzierten „ölhaltigen parenteralen Nährsubstanz“ nicht alleine Krankenhauspatienten in der Bundesrepublik zugeführt werden kann. Das heißt, das offensichtlich ein Teil der hergestellten Produkte in andere Länder oder Kontinente exportiert wird.

Nicht zuletzt aus Fernsehberichten ist die dramatische Situation von Hungerflüchtlingen insbesondere aus afrikanischen Krisenregionen bekannt. Ich halte es durchaus für wichtig, sich als Produktionsland einer dermaßen problematischen und riskanten Substanz wie den ölhaltigen Infusions-Nährlösungen präventiv Gedanken über die möglichen Fehler zu machen, die bei der unwissentlichen, weil durch mangelhaft ausgebildetes Gesundheitspersonal erfolgten, Falschanwendung auftreten könnten. Es wäre nur eine Frage der Zeit, wann Geschädigte aus diesen Ländern Schadensersatzforderungen an die Bundesrepublik Deutschland richten würden.

Letztlich soll es auch Länder geben, in denen die Frage medizinischer Ethik nicht so hoch eingestuft wird, wie bei uns in Deutschland, was letztendlich bedeutet, dass die missbräuchliche Anwendung der ölhaltigen Infusionsmittel beispielsweise gegen politisch Verfolgte, Minderheiten, missliebige Personen, sozial Schwache und Randgruppen von den für die Produktion der Substanz in Deutschland verantwortlichen Kreisen nicht ausgeschlossen werden kann. Ich halte daher ein Produktionsverbot für Lipid-Infusionslösungen für notwendig.

Es bleibt mir nun nur noch, Ihnen ein Frohes Weihnachtsfest und ein Glückliches Neues Jahr zu wünschen.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl. Biol. Peter Zanger
Geschäftsführer CID-Forschung / CID-Verlag
Weilmünster, Mittwoch, 21. Dezember 2005


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